Energieeffiziente Wärmebehandlung

Hochleistungsdiodenlaser optimieren Härtung komplexer Bauteilgeometrien

Beim Randschichtenhärten von Stahlbauteilen wird Lasersystemen ein hoher Energieverbrauch nachgesagt, weshalb sie sich nicht in allen Fertigungsbereichen durchsetzen konnten. Hochleistungsdiodenlaser können dieses Vorurteil jedoch ausräumen: Sie ermöglichen die energieeffiziente Härtung auch komplexer Bauteilgeometrien und bieten somit eine wirtschaftlich interessante Alternative zum Induktionshärten. 

Wärmebehandlung ist ein gängiges Verfahren, um Verschleiß- und Ermüdungswiderstand von Stahlkomponenten zu erhöhen. Mittels einer Wärmequelle werden hierbei die oberflächennahen Bereiche des Werkstücks auf 900 bis 1500°C erhitzt, wodurch sich das bei Raumtemperatur ferritische Stahlgefüge in Austenit umwandelt. Anschließend wird auf Temperaturen unter 100°C abgeschreckt. Während dieses Prozesses lagern sich Kohlenstoffatome in eine Hochtemperatur-Gitterstruktur ein und können aufgrund der schnellen Abkühlung dort nicht wieder hinausdiffundieren – es entsteht harter Martensit. Ein etabliertes Verfahren für diesen Prozess ist das Laserstrahlhärten: Einst eine Nischenanwendung, wird es heute aufgrund seiner hohen Präzision beim Härten erfolgreich angewandt – und doch hat sich das Verfahren nicht überall durchsetzen können. In vielen Fällen setzt man immer noch auf alternative Wärmebehandlungsverfahren wie die Induktionshärtung. Bei diesem Behandlungsverfahren befindet sich das Bauteil üblicherweise in einer Kupferspule, die mit Wechselstrom in einer bestimmten Frequenz durchströmt wird und mit dem Bauteil zusammen einen elektromagnetischen Schwingkreis komplettiert. Dieser Vorgang führt zu einer hochfrequenten Ummagnetisierung und dadurch zur Erhitzung des Werkstücks. Die Einkopplung des Magnetfeldes ist dabei stark von der Geometrie des Bauteils abhängig und kann unter Umständen in Bereichen erfolgen, die eigentlich gar nicht – oder zumindest nicht in großem Maße – erwärmt werden sollen. Sind die lokalen Energieeinträge zu hoch, kann es dadurch beim Induktionshärten etwa an besonders feinen Strukturen zu unerwünschtem Materialverzug kommen, der nur durch einen zusätzlichen Nachbearbeitungsaufwand ausgeglichen werden kann. Zudem müssen die Bauteile nach Erhitzung durch Abbrausen oder Tauchen gekühlt werden. Dazu wird in der Regel ein meist wässriges Abschreckmittel verwendet, dessen Umwälzung und Kühlung zusätzlich Energie kostet. Warum also wird das Induktionshärten trotz hohem Bearbeitungsaufwand oftmals favorisiert? Der Grund hierfür liegt in der verbreiteten Meinung, Laser seien aufgrund ihres hohen Energieverbrauchs unwirtschaftlich und Induktionsverfahren daher – trotz des Mehraufwands – die kosteneffizientere Option. Diese Annahme stammt jedoch noch aus einer Zeit, als CO2-Laser die einzigen kommerziell verfügbaren Hochleistungsquellen waren. Mit einem elektrischen Wirkungsgrad von etwa 10 Prozent und einer optischen Einkopplung in Stahl von maximal 40 Prozent (ohne zusätzliche absorptionserhöhende Beschichtung) bietet dieser Lasertyp tatsächlich nur eine geringe Energieeffizienz. Zudem ist er teuer in der Anschaffung. Induktionshärten hingegen erzielt je nach Bauteilgeometrie Wirkungsgrade zwischen 15 und 63 Prozent. Den zusätzlichen Aufwand für Nachbearbeitung und Kühlung schätzte man also geringer ein als die Investitions- und Betriebskosten von Lasersystemen. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, dass viele Anwender das Induktions- dem Laserhärten vorzogen.

Diodenlaser als energieeffiziente Alternative zur Induktionshärtung

Doch diese Sicht wird dem heutigen Stand der Lasertechnik längst nicht mehr gerecht. Insbesondere moderne Hochleistungsdiodenlaser sind dem CO2-Laser deutlich überlegen: Mit einem Wirkungsgrad von 50 Prozent besitzen sie die höchste Leistungseffizienz aller heutigen Lasersysteme. Das macht sich selbstverständlich in den Energiekosten bemerkbar. Auch in der Anschaffung sind sie heute der günstigste Lasertyp. Beim Härten identischer Werkstücke etwa verbraucht das Laserhärten auf Diodenlaserbasis so je nach Anwendung teilweise nur ein Zehntel der Energie des Induktionsprozesses. Grund dafür ist unter anderem, dass beim induktiven Härten komplexer Geometrien ein unverhältnismäßig hoher Energieverbrauch anfallen kann, wenn die weniger effizienten äußeren Spulenbereiche eingesetzt werden müssen. Bauteile wie moderne Nockenstücke – mit mehreren eng benachbarten Bereichen, die einzeln gehärtet werden müssen – lassen sich aufgrund ihrer anspruchsvollen Form sogar überhaupt nicht sinnvoll per Induktionshärten behandeln. Lasersysteme sind hier klar im Vorteil: Die Laserstrahlung ermöglicht in Verbindung mit präzise fokussierbaren Strahlformungsoptiken eine selektive Wärmebehandlung, bei der nur ausgewählte, härtungsrelevante Bereiche der Bauteile bearbeitet werden. Durch die Kombination von optischen Temperaturmesssystemen wie Thermokameras oder Pyrometern mit schnellen Prozessreglern kann außerdem die Wärmeeinbringung exakt dosiert werden. Dadurch lassen sich sowohl zu niedrige Temperaturen als auch lokale Überhitzungen vermeiden. Hinzu kommen weitere Einsparungen gegenüber der induktiven Härtung: Durch die schnelle Erwärmung, die selektive Bearbeitung und die präzise Temperatursteuerung wird die per Laserstrahlung eingebrachte Wärme innerhalb kürzester Zeit und ohne zusätzliche Abschreckmittel in angrenzende Materialschichten abgeführt (Selbstabschreckung). So entsteht kaum Materialverzug, und Nachbearbeitungen sind größtenteils überflüssig, was Zeit- und Materialaufwand deutlich reduziert. Außerdem entfallen durch die Selbstabschreckung zusätzliche Energiekosten für Kühlmaßnahmen.

Quelle: Fraunhofer IWS

Das Härten mit Diodenlasern überzeugt aber nicht nur wirtschaftlich, sondern auch technologisch. So kann mit Diodenlaserstrahlung zum einen unkompliziert eine homogene Intensitätsverteilung erzeugt werden. Das sorgt etwa bei Oberflächenbearbeitungen für eine gleichmäßige Materialerwärmung an ebenen Flächen. Zum anderen kann die Strahlung statisch (mit Linsensystemen) oder dynamisch (mit Scannern) so geformt werden, dass individuell angepasste Intensitätsverteilungen präzise realisiert werden können. Da Diodenlaser im Multikilowattbereich verfügbar sind, lassen sich auf diese Weise auch großflächige Bestrahlungen prozesssicher umsetzen. Laserline Diodenlaser etwa erreichen bis zu 50 kW Laserleistung; maximale Flexibilität wird dabei beispielsweise auch durch den Einsatz von Zoom-Optiken erreicht, die präzise verstellbare Fokusgrößen erlauben. Von komplexen Nockenwellen bis hin zu großflächigen Umformwerkzeugen kann so nahezu jedes Stahlbauteil mit Diodenlasern gehärtet werden.

Fazit

Ist das Laserhärten also nicht sogar grundsätzlich die bessere Option? Ganz so einfach ist die Antwort letztlich nicht. Eine pauschale Aussage macht hier wenig Sinn – vielmehr sollte im Einzelfall entschieden werden, welche der beiden Technologien die eigenen Anforderungen am besten erfüllt und sowohl im Hinblick auf die Prozessergebnisse als auch auf den Energieverbrauch überzeugt. Wer etwa Werkstücke von einfacher Geometrie oder wellenförmige Oberflächen großflächig härten muss, ist mit Induktion durchaus gut beraten – hier bleibt das Verfahren die wirtschaftlichere Option. Sollen jedoch Werkstücke mit anspruchsvollen geometrischen Anforderungen, also beispielsweise nur ausgewählte begrenzte Bereiche, gehärtet werden, ist das diodenlaserbasierte Verfahren die effizientere – und manchmal auch einzig mögliche – Lösung. Hier hat der Diodenlaser in puncto Energieeffizienz meist deutlich die Nase vorn.

Erfahren Sie mehr über das Thema Wärmebehandeln in unserer Serie Diodenlaser in ihrer Anwendung - Teil 4: Härte- und Entfestigungsverfahren.